Auf der Zielgeraden

 

 

Am 9. August musste ich meine Niederlage eingestehen. Wochen-, ja monatelang habe ich gekämpft, geschätzt, gehofft, siegessicher argumentiert. Habe sämtliche Nachbarn geschlagen mit meiner überragenden Taktik und Nervenstärke. Und dann waren die tasmanischen Naturgewalten doch gegen mich und haben mir einen fetten Strich durch die Rechnung gemacht. Genaugenommen durch die Regenwasserrechnung. Das Ziel war es, ohne den Wasser-Truck ordern zu müssen, mit reinem „storm water“ über die 12 Monate zu kommen. Dazu stehen schließlich ein 23qm Tank sowie 3 kleinere Behälter im Garten und werden kontinuierlich mit reinstem tasmanischen Niederschlag gefüllt, umgepumpt, leergeduscht-, gewaschen- und getrunken. Wenn es aber ein statistisch außergewöhnlich trockener Herbst und Winter nicht schaffen, die durchschnittliche Regenmenge zumindest zur Hälfte zu erfüllen, sind auch mir die Hände gebunden. Den Nachbarstank (der Typ ist eh nie da) anzuzapfen habe ich mich nicht getraut. Also Anruf bei Rob, und der steuert seine 10qm Fracht hinters Haus, verlegt in Akkord ein paar Meter Schlauch und lässt pumpen. Zum Abschied versichert er mir siegessicher: „You will need to call me again …“. Forget it, Mate!!!

Kleine Randnotiz: Drei Tage später kam der erste kräftige Regenschauer. Murphy hat auch hier unten seine Hände im Spiel.

 

Am Ende des Winters haben wir dann doch noch eine ganze Ladung Schnee abbekommen. Zwar nicht direkt vor der Haustür, aber immerhin zeigen der Mount Wellington und die Snug Tiers einige weiße Flächen, Straßen werden gesperrt, und die ABC News warnen vor Black Ice. Zeit für uns, an einem Sonntagmorgen die Wandersachen zu packen und Richtung Hartz Mountains NP zu fahren. Schließlich muss auch die Allradtauglichkeit des X-Trails geprüft werden. Bis auf 500m Höhe ist alles grün. Mit Beginn der Gravel Road wird es langsam winterlich, und ab ca. 800m sind die Spurrinnen schon bedenklich tief. Na immerhin kommt uns keiner auf der schmalen , gut verschneiten Einspur-Bahn entgegen. Aber kurz vor unserem eigentlichen Ziel ist dann Schluss, und selbst der große Bruder Nissan Navarra bekommt Probleme. So parken wir bei den Arve Falls und laufen weiter Richtung Nationalpark. Dort finden wir knietiefe Spuren, welche sich aber an der eingeschneiten Wanderschuh-Säuberungsanlage verlieren. Einige hundert Meter pflügen wir noch tapfer über schmale, unsichtbare Boardwalks und matschige Schmelzwasserbäche hinweg bis zum Geeves-Monument.

(http://monumentaustralia.org.au/themes/people/tragedy/display/108319-arthur-and-sidney-geeves)

 

Weiter geht es von hier aus nicht, dafür fehlen uns Bergstiefel, Gamaschen und Motivation. Schade eigentlich, hatten wir uns doch bestenfalls einen schönen sonnigen Ausblick vom Mt. Hartz Gipfel über den verschneiten Südosten Tasmaniens erhofft. Oder zumindest ein paar Wombats im Schnee. Aber die lassen nur ihre quaderförmigen Exkremente sichtbar liegen und wärmen sich in ihren Höhlen. So machen wir eben Picknick, bauen unseren ersten tasmanischen Schneemann, und kehren mit kalten nassen Füßen wieder um. Die Abfahrt wird noch einmal spannend, da clevere, uns entgegenkommende Mietwagenfahrer vom Schnee überrascht sind, nicht wenden können und umständlich die kurvige Strecke rückwärts runterrollen.  

 

Winter heißt hier vor allem wechselhaft feuchtes Wetter, was sonnige und 15Grad warme Tage nicht ausschließt. Die befürchteten Regenfälle bleiben bisher aus, weshalb schon wieder über die Buschbrandgefahr für die kommende Saison spekuliert wird. Mittlerweile blüht es überall knallgelb. An windstillen Tagen geht es mit dem kürzlich geborgten Kanu auf die heimischen Gewässer, Richtung Kettering (Scones & Kaffee im Mermaid) oder in`s vom Coningham Beach gegenüberliegende Tinderbox Marine Reserve und zu den Lachsfarmen. Die fetten, springenden Viecher locken allerdings auch Robben an. Soweit ganz nett – bis dann Eine direkt neben meinem wackligen Boot auftaucht. Eskimowelle zu dieser Jahreszeit steht nicht auf dem Plan, also wird verschreckt-hastig der Rückzug angetreten. 

 

Worüber wir uns hier immer riesig freuen: BESUCH

 

So hatten wir im Februar, April und August Familie und Freunde bei uns. Für den September hat sich eine Malaysianische Abordnung angekündigt. Es stellt sich dann natürlich immer die Frage der idealen Planung von Ausflügen. Ganz oben auf der Liste steht der Mount Field NP, knappe 2 Stunden von Coningham entfernt. Wegen seiner beeindruckenden Vegetation, dem Reichtum an Farnen und riesigen Gumtrees, sowie der drei Wasserfälle (Horseshoe, Lady Barron, Russel) ist er ganzjährig ein beliebtes Ziel. Im Winter und bei guter Schneelage bietet er in den oberen Lagen sogar limitiertes Skivergnügen incl. Schleppliften. Viele kleinere Bergseen und Gipfel locken zu ausgedehnten Wander- und Klettertouren, und die strategisch gut gestreuten, verlassenen Hütten dienen als Notunterkunft. Hoffentlich schmelzen die aktuell bis zu 1,70m Schnee im Oktober noch kräftig ab, dann dürfte einer weiteren außergewöhnlichen Bergtour nichts im Wege stehen.

 

Neben den letzten Schul- und Konzertaktivitäten (dazu mehr an anderer Stelle) sowie der Urlaubsplanung für Oktober stehen leider auch schon die Organisation der Rückkehr auf dem Tagesplan. Bis auf die Einwanderungsbehörde mit ihren strikten Visabestimmungen treibt uns eigentlich keiner gen Heimat. Selbst die Air Berlin hat dankenswerterweise ihren Langstreckenbetrieb eingestellt und damit unsere Tickets von Abu Dhabi nach Berlin unbrauchbar gemacht. So geht dann ein guter Tag dafür drauf, mit Etihad die Optionen zu diskutieren, einen abenteuerlichen Umweg über Serbien abzuwählen und letztendlich München als Ziel zu akzeptieren. Nix mit entspannter Ankunft in Berlin um die Mittagszeit, stattdessen nochmal 6-7 Stunden im Mietauto. Bzw. eher Mietbus, schließlich wollen die etwa 200kg Gepäck incl. Familie und Kuscheltieren auch mit.

Deutschland, wir freuen uns schon auf Dich …