Overland Track

 

Bei https://www.lonelyplanet.com/travel-tips-and-articles/76228 wird er in der Top10- Liste der Best-Treks-In-The-World geführt, und kurz zusammengefasst liest sich das so, Zitat: „Tasmania’s prehistoriclooking wilderness is most accessible on the 80km (50mi, five- to six-day) Overland Track. Snaking its way between Cradle Mountain and Lake St Clair (Australia’s deepest natural freshwater lake), the well-defined path (boardwalked in parts) passes craggy mountains, beautiful lakes and tarns, extensive forests and moorlands. Those who want more can take numerous side walks leading to waterfalls, valleys and still more summits including Mt Ossa (1,617m, 5,305ft) – Tassie’s highest.

 

Seltsamerweise steht diese Tour gar nicht auf unserer To-Do-Liste, welche vor allem kleinere bis Eintages-Wanderungen aus dem Sammelsurium der „60 Great Short Walks Tasmania“ enthält. Ein Grund ist das notwendige Equipment, welches wir natürlich nicht von Deutschland mitgenommen haben und auch nicht unbedingt neu erwerben wollen. Aber Pläne sind dazu da sie zu ändern, und am 12.März wurde tatsächlich das „Erledigt“- Häkchen gesetzt … und das kam so:

Diverse Schulen in Australien führen sogenannte Outdoor-Camp-Wochen durch und bieten eine Auswahl an (Mehr)Tagestouren, welche von den Schülern entsprechend ihren Interessen und Voraussetzungen gewählt werden. Das ist dann mal so ganz was anderes im Vergleich zu den eher schablonenhaften Klassenfahrten in Deutschland. Das Programm der Kingston High für Grade 9 in 2017 liest sich so: 4 Tagesaktivitäten in der näheren Umgebung; 5 Tage Melbourne Kunstgeschichte; 4 Tage Zelten und Wandern in der Fortescue Bay auf der Tasman Peninsula; 4 Tage Zelten und Outsooraktivitäten auf Maria Island (sprich: MÄRÄJAEYLÄND, oder so ähnlich); 7 Tage Overland Track.

 

In einem Anflug von jugendlichem Leichtsinn wählt Alina den Overland Track und schafft es tatsächlich, den letzten der 10 Plätze auf der Anmeldeliste zu ergattern – first come first serve. Hmm, da stehen bisher ja nur Jungs drauf … na egal, hätte schlimmer kommen können. Und es kommt schlimmer: Papa will auch mit, die Chance lässt er sich logischerweise nicht entgehen!!! Angemeldet als Voluntär für die Schule. Ok, der Vorteil der möglichen Hilfe unterwegs überwiegt eindeutig den Nachteil der väterlichen Überwachung.

Nun muss man wissen, dass es sich bei dieser Tour um eine recht anspruchsvolle Mehrtageswanderung in teilweise schwierigem Gelände handelt. Übernachtung im Zelt ist für Gruppen zwingend vorgeschrieben, ein Abbruch unterwegs ist nicht vorgesehen, Rettungsaktion per Heli gibt es nur im medizinischen Notfall, an Verpflegung gibt es was die persönliche Rucksack-Küche mitführt – ok, immerhin Wasser wird kostenfrei mittels Regenwassertonnen, Flüssen und Seen gestellt. Wetter gibt es auch reichlich, und zu rechnen ist IMMER mit dem Komplettprogramm in 7 Tagen: 30 Grad sengende Hitze, unterbrochen von 24h Dauerregen, gerne auch mit Schneesturm und Minusgraden garniert. Der Begriff Jahreszeiten wird hier neu definiert bzw. besser mal gestrichen. Das macht die Entscheidung bei der Auswahl der benötigten Kleidung einfach: ALLES kann mit, soviel die Beine tragen. Ähm, der Rucksack ist nicht für 30kg ausgelegt, und Spaß soll die Tour auch noch machen? Na dann sparen wir halt am Gewicht des Essens: Müsli mit Trockenfrüchten und Milchpulver zum Frühstück, eine Auswahl an Trockengerichten wie Nudeln, Reis und Couscous zum Abend, dazwischen kleinere Snacks wie Wraps mit Salami, Käse und Erdnussbutter, Müsliriegel, Schokolade (zumindest die Nächte sind meistens kalt und lassen die evt. geschmolzene Masse wieder fest werden), Nuss- und Früchtemischungen. HALT! Leider hat ein Schüler eine ausgeprägte Erdnussallergie, und das Risk-Assessment-Formular der Schule schließt sämtliche erdnusshaltigen Produkte kategorisch aus. Also ersetzen wir kurzfristig Erdnüsse durch Mandeln. Profis verbringen Tage mit der Dehydrierung von diversen Leckereien, und im Zuge des Erfahrungsaustausches wird sogar von dehydriertem Wasser philosophiert … ok, jetzt reicht`s aber.

 

In der verbliebenen Zeit bis zum Start stehen also die Detailplanungen an. Diese reichen von Logistik (die Anreise erfolgt mit der Gruppe im Bus von Hobart über Launceston (Übernachtung), weiter zum Cradle Mountain NP Eingang; zurück im Bus vom Lake St. Clair nach Hobart), Gepäck (da möchte man Eigentümer der gut sortierten Trekking-Läden sein), Verpflegung (penibles Abzählen und Abwiegen der Tagesrationen, Erfahrungsaustausch mit Freunden, Einkäufe im Wooli), Registrierung (36 freie Wanderpermits pro Tag), Literatur (gibt es viel, unschlagbar ist der Guide von Warwick Sprawson) bis zum finalen „gearcheck“ in der Schule. Hierzu trifft sich die Gruppe auf dem Sportplatz, und es werden Zelte, Kocher, Kleidung etc. vorgeführt – eine absolut sinnvolle Maßnahme, denn Fehler in der Zusammenstellung werden unterwegs nicht verziehen. Das Buddy-System ermöglicht nicht nur die sinnvolle Verteilung von Gewicht (2 Mann pro Zelt), es erfordert auch eine genaue Abstimmung der Zuständigkeiten. Wäre ja Mist, wenn die doppelte Menge an Spiritus, aber kein Kocher oder Töpfe mitkämen. Und auch das tolle neue Baumwollhemd sollte eher funktionaler, leicht trocknender Kleidung weichen. Anregungen zu einer schier endlos langen Packliste sowie weiterführende Informationen zum Track gibt es unter: www.overlandtrack.com.au

Die harten Fakten:

Tag 1: Ronny Creek über Kitchen Hut zur Waterfall Valley Hut, 10,7km

Tag 2: Waterfall Valley Hut über Lake Will zur Windermeere Hut, 7,4km

Tag 3: Windermere Hut über Old Pelion zur New Pelion Hut, 14,9km

Tag 4: New Pelion Hut über Mount Ossa zur Kia Ora Hut, 8,6km

Tag 5: Kia Ora Hut über Du Cane und Hartnett Falls zur Windy Rich Hut, 9,6km

Tag 6: Windy Ridge Hut über Narcissus Hut zur Echo Point Hut, 17,3km

Tag 7: Echo Point Hut zur Cynthia Bay/ Lake St Clair NP, 10,6km

 

Kurz lässt sich unsere Woche Outdoor-Abenteuer etwa mit den Worten „we had a devil of a time“ oder auch einfach nur „speccy“ zusammenfassen.

Das Wetter: BEAUTIFUL - 7 Tage Sonne bei hochsommerlichen Temperaturen, nachts durchaus auch mal nur 6Grad; beste Bedingungen, um täglich in eiskalten Seen, Flüssen und unter Wasserfällen den Schweiß abzuwaschen

 

Die Wanderung: ICONIC  - abgesehen vom brutalen Anstieg zum Marions Lookout am ersten Tag, welcher eine zu optimistische Gepäckplanung gnadenlos bestraft, bewegen wir uns täglich mit mäßigen Auf- und Abstiegen in traumhafter, durch 6 Eiszeiten geprägter Natur unterschiedlicher Prägung: Regenwälder, Wasserfälle, klarste Gebirgsbäche, durch Gletscher geformte Hochebenen, markante Doleritmassive wie Mt.Ossa und Cradle Mountain, Hochmoore … Diverse Wegabschnitte sind durch komfortable Boardwalks präpariert, welche nervige Schlammschlachten verhindern sowie die empfindliche Natur schützen. Eukalyptuswälder sorgen für angenehmere Düfte als die Eigenen. Eher moderat angelegte Tagesetappen können mit interessanten Abstechern zu Seen, Höhlen und Wasserfällen angereichert werden. Die vorhandenen, eher einfachen Hütten und Zeltstellplätze geben die Tagesabschnitte vor, wobei das Zelten immer vorzuziehen ist, wenn es das Wetter erlaubt. Als lästig erweisen sich hierbei allerdings die Brushtail Possums, welche wie selbstverständlich ungesicherte Inhalte von Tüten, Rucksäcken und Zelten inspizieren und dezimieren – das könnte die penible Verpflegungsplanung schon am ersten Abend über den Haufen werfen. Uns hat es nur ein paar Tee- und Cappuccinobeutel gekostet.

 

Flora: AWESOME - Für Geologen wie Botaniker ist Tasmanien und vor allem auch die Region des Cradle Mountain NP ein Paradies. Aber auch als Laie wird man durch die Exotik und Artenvielfalt in den Bann der Natur gezogen. Liest man dann noch etwas zu den Zusammenhängen bzgl. Gondwana (Landmassen von Australien, Neuseeland und Südamerika) und der Abspaltung Tassies vom Mainland vor über 10.000 Jahren, so kann man fast ehrfürchtig vor jedem der bis zu 100m hohen (Stringybark Eucalyptus, Centurion) und einige 100 bis 2000 Jahre alten, oft endemischen Baumriesen (Huon Pine, Pencil Pine) erstarren. Oder man freut sich nur, wenn man endlich den Unterschied zwischen Myrtle, Sassafras und Leatherwood auf die Reihe bekommt. Wenn dann auch noch der allseits bekannte Athrotaxis Laxifolia, ein Baumhybrid aus King Billy Pine und Pencil Pine am Wegesrand steht, fühlt man sich glatt in ein Märchen versetzt – oder staunt einfach nur, was einem noch so an gesundem Halbwissen fehlt J

 

Fauna: Hmm - Hier setzt eine gewisse Enttäuschung ein. Dem tollen Sommerwetter geschuldet lassen sich die drolligen, kuschligen Wombats leider nicht so oft blicken und ziehen es vor, mit ihren quaderförmigen Exkrementen auf sich aufmerksam zu machen. Auch die Anzahl der gesichteten Tiger-, Brown- und Copperhead Schlangen hält sich stark in Grenzen, was aus überlebenstechnischer Sicht von Vorteil ist. Andere Tiere wie der Tassie Devil, der Quoll, Echidna und Bandicoot sind eher nachtaktiv und deshalb schlecht anzutreffen. Bleiben also die Wallabies und Pademelon (laangweilig) sowie die schon erwähnten Possums. Mit denen lässt sich nachts trefflich spielen, wenn sie auf den Zeltplattformen ihre Rennen veranstalten, die Reißfestigkeit der Zeltwände prüfen oder auch nur unters Vorzelt gekrochen kommen und einem unschuldig auf dem Rucksack sitzend in die Stirnlampe blinzeln.

Ach ja, da war ja noch was: meistens frühmorgens so ab 04:00, wenn der geschundene Wanderer auf hartem Boden unruhig nach Schlaf sucht, haben Yellow Tailed Black Cockatoo, Kookaburra und Black Currawong längst ihre Augen und Schnäbel offen und erinnern einen daran, dass man ja noch Ohropax einstecken wollte … Der Currawong verbreitet auch gerne anderweitig Angst und Schrecken: sämtliche am Wegesrand geparkte Rucksäcke werden penibel auf ihren fressbaren Inhalt untersucht, wobei Reißverschlüsse kein ernsthaftes Hindernis darstellen – sind schließlich zum Öffnen gedacht!

 

Höhepunkte: MANY - Eigentlich ist ja der Weg das Ziel, was hier tatsächlich zutrifft. Nach sieben Tagesetappen und über 80km abwechslungsreichem Outdoorvergnügen fällt es schwer etwas herauszuheben. Natürlich ist es toll, so nebenbei auch noch den höchsten Berg Tasmaniens zu erklettern, welcher bei 1614m Höhe und bester Fernsicht einen unbeschreiblichen Panoramablick ermöglicht. Am Ende freut man sich dann mit den Mitstreitern zusammen über das gemeinsame Erlebnis. Und über einen mega coolen „Overland Gourmet Burger“. YUMMY

Und was machen wir nun mit der „Top10“- Liste vom Einsamen Planeten? Einige der genannten Ziele sind mittlerweile schon ganz oder teilweise erkundet. Andere sind absolut einer weiteren Planung wert. Na wir werden sehen. Für heute stelle ich einfach mal meine persönliche Liste auf:

 

1.    Everest Base Camp, Nepal

2.   Overland Track, Tasmanien

3.   Annapurna Circuit, Nepal

4.   Tongariro Alpine Crossing, Neuseeland

5.   Chimborazo Trekking, Ecuador

6.   Mount Blanc Massiv, Frankreich

7.   Ordesa NP, Pyrenäen

8.   Pico del Teide, Teneriffa

9.   Jotunheimen/ Galdhoppigen, Norwegen 

10.Kreideküste Rügen, Deutschland