Wooden Boat vs Queen Mary 2

 

Dem maritimen Flair der Insel kann auch die größte Landratte kaum entkommen. Selbst der längste Bushwalk endet schnell an einer der malerischen Buchten, und beliebte Gipfel wie die des Mt. Wellington oder auch Mt. Hartz ermöglichen beeindruckende Fernsichten über die Küstenregionen hinaus. Von daher stellt sich schnell die Frage, welche Art von Boot denn nun bevorzugt wird. Zumindest wenn man nicht (so wie wir) in absehbarer Zeit wieder die Heimreise antritt. Also heißt es schon für die Kleinsten: rauf aufs Wasser, sei es im Optimisten (Jolle für Segel-Anfänger) oder Seekajak, mit Surf- oder Waveboard, im Angelkahn oder auch nur auf dem „inflatable thong“, einer aufblasbaren Gummi-Luftmatratze in Aussie-Farben und im Stil eines Badelatschen.

So ist die Industrie hier natürlich stark mit der maritimen Welt vereint, sei es durch Fischaufzucht, Tourismus (in ständigem Konflikt mit Betreibern der Fischaufzuchtanlagen) und Schiffsbau (Incat baut z.B. coole Hochgeschwindigkeits-Katamarane für Fährlinien und Militär). Aber auch Forschung und Entwicklung sind durch Universität und die Australien Antarctic Division gut vertreten. Einer unserer Nachbarn ist gerade von einem 4-monatigen Forschungsaufenthalt in der Antarktis zurück. Sobald er wieder aufgetaut ist werden wir ihn mal interviewen …

Nicht ganz unberechtigt sind die Tassies besonders stolz auf ein Event schlechthin: das alle zwei Jahre stattfindende Wooden Boat Festival, in dieser Form relativ einmalig auf der Welt (na, zumindest auf der südlichen Halbkugel) und in Fachkreisen höchst anerkannt, was durch ein parallel laufendes mehrtägiges Symposium zu diversen maritimen Themen belegt ist. Die 12. Ausgabe in diesem Jahr sollte dann auch wieder diverse Höhepunkte bereithalten, angefangen mit beeindruckenden Segler-Paraden von mehreren hundert Booten diverser Größenordnungen, Ausstellungen der Fachhändler, Open-Boot –und Mitsegelveranstaltungen, Wettrennen der Profis als auch der von den Kids selbst gebauten und mehr oder weniger schwimmenden Gefährte, Workshops und Präsentationen der Fertigung durch hiesige Bootswerften etc. Bedingt durch den 375. Jahrestag der Entdeckung durch Abel Tasman wird in diesem Jahr ein Fokus auf die holländische Schiffsbaukunst gelegt. Dazu sind diverse Bootsbauer aus den Niederlanden vor Ort, um Werke ihres Schaffens zu präsentieren. In der hiesigen Holzboot-Werft in Franklin entsteht dabei ein aus tasmanischem Kiefernholz (celery-top pine) gezimmertes Dinghi im Stil der damaligen Zeit. Am besten ihr verschafft Euch selber einen Eindruck zum Festival, Details sind hier zu finden: http://www.australianwoodenboatfestival.com.au/home 

Vor allem ist es aber eine absolut entspannte Veranstaltung über 4 Tage (der Montag ist in der Region Hobart der offiziell freie Regatta-Tag), die zum Bummeln, Schauen, Mitmachen und Spaß haben einlädt. Beeindruckend ist die hohe Anzahl von über 400 freiwilligen Helfern, welche dieses Event am Laufen halten. Und so melde ich mich auch als „Official MyState Volunteer an, werde eine Woche vorab registriert und instruiert, bekomme Ausweis, Sonnenhut und gift-grünes Shirt ausgehändigt und darf mich so als Teilzeit-Tassie nützlich machen. Angefangen beim Einweisen und Aufbau der Boote an Land und in den Ausstellungshallen (Donnerstag), die Ein- und Ausgangskontrolle am Festivalzelt (Freitag) sowie den Abbau und Abtransport der teuren Liebhaberstücke am Montag komme ich bei sommerlichen Temperaturen gut ins Schwitzen. Vor allem aber bin ich mittendrin im Geschehen, erlebe die Atmosphäre hautnah, bin ständig mit Besuchern und Kollegen in Kontakt und genieße dieses besondere Flair. Auch taugt die Zeit gut zum Ausbau der Sprachkenntnisse. Die meisten Anfragen sind jene nach den Örtlichkeiten – kein Problem, oder? Wenn dann aber ein Aussie etwas wie „… are you Louis?“ nuschelt und auf meine Verneinung (schließlich heiße ich Stephan, wie ich ihm auch auf meiner ID-Karte zeige) kopfschüttelnd erwidert „… got me wrong mate, do you know where the loo is … the TOILET!“ wird schnell klar das noch einige Lektionen Aussie-Slang erforderlich sind, um auch nur halbwegs durch den Sprach-Jungle zu finden.

 

Immerhin gibt es zum Abschluss des Festivals eine Volunteers-Party mit großem Grill-Buffet und free-flow-of-beer-and-wine, dazu viel Klönsnack und der Erkenntnis, dass die Insel doch nur ein Dorf ist. David, ein exMainlander (also Festland-Australier), welcher eigentlich nix mit Booten am Hut hat „I keep my feet on the ground“ wohnt gleich schräg hinter uns in Coningham.

Ein ganz anderes Kaliber von Schiff erwartet uns Ende Februar: ihre Majestät die Queen Mary 2 gibt sich die Ehre und steuert erstmals Hobarts Kreuzfahrer Pier MAC4/5 an. Ihre Vorgängerin (Queen Mary) war 1941 vor Ort, damals allerdings um die Tasmanischen Soldaten für ihren Einsatz im 2. WK nach Europa zu bringen – nicht unbedingt die Art von Kreuzfahrt welche man sich so wünscht …

Die 340m lange QM2 sorgt dann auch für erhöhte Beachtung beim eher reservierten Inselvolk. Leider ist ihr Liegeplatz nicht ideal für ein ausgiebiges Fotoshooting, und ein Open-Ship wie bei den diversen Seglern des WBF ist gleich gar nicht angeboten. Mangels Kanu, mit welchem wir am dichtesten ranpaddlen könnten, nehmen wir den Umweg über die Tasman Bridge zum Rosny Hill in Kauf und genießen das Panorama von Protz-Schiff vor mini-Skyline und Mt. Wellington … auch schön.

Die zahlungskräftige Masse von ca. 2700 Passagieren gehobenen Alters und Wohlstandes wird gerne von der Tourismusbranche begrüßt und mittels diverser Busse zu den Sehenswürdigkeiten in und um Hobart geschleust – das alles bei perfektem Sommerwetter, aber zeitlich begrenzt auf 10 Stunden. Dann werden die Leinen wieder gekappt und der zweite Teil ihrer Weltreise über Asien zurück nach Europa angegangen. Dabei kommt sie quasi direkt an unserer Haustür vorbei und präsentiert sich für ein paar Schnappschüsse zwischen Tinder Box und Bruny Island. Warum also extra nach Hamburg fahren (von dort quert sie regelmäßig über Southhampton nach New York), wenn es ein Gang auf die Terrasse am anderen Ende der Welt auch macht J

 

Ship Ahoy